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„Maxime Herkunft Rheinhessen“ gegründet

Neuer Winzer-Verein will in Rheinhessen Klassifikationsmodell der Prädikatsweingüter etablieren

Allgemeine Zeitung | 09. Februar 2017

Von Torben Schröder

RHEINHESSEN - „Die Zeit ist reif, einen Schritt weiter zu gehen“, sagt Johannes Geil-Bierschenk. So oft habe der Bechtheimer Winzer vor der Herausforderung gestanden, im Kundengespräch eine trockene Spätlese schmackhaft zu machen. „Immer wieder kommt der Satz: Nein, süße Weine trinke ich nicht. Die Leute verbinden Spätlese immer noch mit Restsüße.“

Das Klassifikationsmodell der Prädikatsweine hat sich in einer Zeit etabliert, in der in Rheinhessen die halbtrockenen und lieblichen Weine prägend waren. Und das bleibt beim Konsumenten offenbar hängen. Deshalb macht der Verband Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter (VDP) sich schon länger für ein Alternativmodell stark, das Weine mittels einer Qualitätspyramide einordnet: unten die Guts-, dann die Orts- und oben die Lagenweine, mit jeweils eigenen, typischen Merkmalen.

Zurzeit stehen beide Begriffssysteme unverbunden nebeneinander, was das Ganze gewiss nicht weniger kompliziert macht. Deswegen hat sich nun der Verein „Maxime Herkunft Rheinhessen“ gegründet, der – in Anlehnung an die VDP-Nomenklatur – für das dreistufige Pyramidenmodell eintritt. „Als verbindliches System“, wie Geil-Bierschenk sagt. „Wir möchten das Herkunftsmodell als Gebietsklassifikation etablieren und damit mehr Profil für die Region gewinnen.“

69 Weinbaubetriebe zählen zu den Gründungsmitgliedern, darunter sämtliche VDP-Betriebe in Rheinhessen. „Bei uns ist es allerdings breiter angelegt“, betont der Gründungsvorsitzende, der mit Stefan Braunewell, Philipp Wittmann, H. O. Spanier, Peter May, Johannes Thörle, Kai Schätzel und Klaus Gres zu den Initiatoren zählt. „Noch sind nicht alle Top-Betriebe der Region dabei, aber das Ziel soll sein, alle mit ins Boot zu bekommen.“

In der Weinwirtschaft wird die Vereinsgründung begrüßt. „Das ist ganz in unserem Sinn“, betont der rheinhessische Weinbaupräsident Ingo Steitz. „Eine gute Initiative, die einen Punkt trifft, der im Moment en vogue ist“, sagt Bernd Kern. Für den Rheinhessenwein-Geschäftsführer ist der Zusammenschluss ein Beispiel für die „Netzwerke, von denen Rheinhessen in den letzten Jahren gelebt hat“. Auch beim VDP Rheinhessen ist man erfreut, „dass das Herkunftsmodell als Leitmodell in der Region weiter etabliert wird“. Es sei, so der rheinhessische VDP-Vorsitzende und Mit-Initiator des Vereins, Philipp Wittmann, „seit Längerem der Wunsch, eine gemeinsame Klammer zu schaffen“. Die kollegiale Zusammenarbeit zum Wohl der Weinqualität in Rheinhessen sei „einmalig und beispielgebend für Deutschlands Weinregionen“.

Zufriedenheit der Kunden im Blick

„Erst einmal brauchen wir eine Akzeptanz der Kunden und innerhalb der Winzerschaft“, stellt Geil-Bierschenk klar. Das von immer mehr, aber eben noch längst nicht allen Betrieben angewandte System solle in eine „verbindlichere Form gepackt werden“. Dafür will der privatrechtlich und von Verbänden und staatlichen Institutionen unabhängig organisierte Verein werben. „Das Potenzial in Rheinhessen ist sehr groß, und wir sind immer noch nicht so weit, dass wir das richtig erkannt haben“, erklärt der Bechtheimer. Die Zuordnung zu Guts-, Orts- und Lagenweinen zielt stärker als die herkömmliche Klassifizierung auf Qualitäts- und vor allem Herkunftskriterien ab. „Es ermöglicht verständlicher und klarer als alle anderen Einteilungen eine wertige und greifbare Differenzierung der verschiedenen Weinqualitäten“, findet Geil-Bierschenk. „Und je klarer ein System ist, desto zufriedener ist der Kunde.“ Für Kern ist die im Ursprung vom VDP stammende Klassifikation „mit einer gewissen Wertigkeit verbunden“. Es gebe allerdings „keine Not, die klassischen Begriffe wie Spätlese, Auslese oder Kabinett aufzugeben. Sie haben aus der Historie heraus ihre Berechtigung – in ihrem klassischen Verständnis.“ Kerns Hoffnung: Wenn sich das in Guts-, Orts- und Lagenwein gliedernde System durchsetzt, „haben diese Begriffe auf der Seite der trockenen Weine keine Relevanz mehr“.

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